Samstag, 7. Juli 2012

Homosexuelle: Diskriminierung in der Gewerbeordnung gefallen

Parlamentsbeschluss Donnerstag abend

Diskriminierung der EP in der Gewerbeordnung gefallen

Rechtskomitee LAMBDA dankt den beteiligten Parteien und Aktivisten



Donnerstag Abend hat der Nationalrat im Zuge einer Novelle der Gewerbeordnung endlich eine seit 2010 bestehende Benachteiligung eingetragener Paare in der Gewerbeordnung beseitigt. Ausländische eingetragene Partner/innen von Unions- oder EWR-Bürger/innen dürfen künftig (wie Ehepartner/innen) als "Familienangehörige" ein Gewerbe "wie Inländer" ausüben. Vorangegangen waren diesem Erfolg die koordinierten Bemühungen zahlreicher LesBiSchwuler Aktivisten sowie intensive Verhandlungen der SPÖ - am Ende unterstützt von den Grünen - mit dem ÖVP-Wirtschaftsministerium. Das Rechtskomitee LAMBDA (RKL), Österreichs Bürgerrechtsorganisation für homo- und bisexuelle sowie transidente Menschen, dankt allen Beteiligten Aktivisten und PolitikerInnen recht herzlich und hofft zugleich auf weitere solche Erfolge zur Beseitigung der dennoch verbliebenen rund 60 Unterschiede zwischen Ehe und EP.

Die ab 01.01.2010 eingeführte Eingetragene Partnerschaft (EP) wurde auf Verlangen der ÖVP mit zahlreichen Ungleichbehandlungen zur Ehe versehen. Zwei dieser Diskriminierungen wurden bereits dank der RKL-Klagsoffensive vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) beseitigt (Doppelname ohne Bindestrich und Verbot der nachträglichen Annahme eines Doppelnamens). Zahlreiche weitere Ungleichbehandlungen zwischen Ehe und EP - derzeit rund 60 - bestehen jedoch fort. Die laufend aktualisierte Liste dazu findet sich unter: http://www.rklambda.at/Publikationen/index.htm

Eine dieser Diskriminierungen war die fehlende Gleichstellung eingetragener Partnerschaften mit der Ehe in § 14 Absatz 3 der Gewerbeordnung. Diese Bestimmung regelt das Recht von "Familienangehörigen" unter bestimmten Bedingungen ein Gewerbe "wie Inländer" auszuüben. Bisher waren eingetragene Partner/innen (anders als Ehepartner/innen) von Unions- und EWR-Bürger/innen davon ausgeschlossen. Und das, obwohl Wirtschaftsminister Mitterlehner bereits im Juni 2011 in Beantwortung einer Bundesrats-Anfrage der Grünen zugesichert hatte, diese Ungleichbehandlung "im Zuge der nächsten Novellen" zu beseitigen (2607/AB-BR/2011).

Im April 2012 legte das Wirtschaftsministerium (BMWFJ) seinen Begutachtungsentwurf für die nächste Gewerbeordnungsnovelle vor, und die Diskriminierung eingetragener Paare wurde wieder nicht berücksichtigt. Sowohl die HOSI-Linz und die Rosa Lila PantherInnen Graz als auch die Frauensektion im Bundeskanzleramt forderten daraufhin in ihren Stellungnahmen das damals bereits über ein Jahr alte Versprechen des Wirtschaftsministers ein - siehe Begutachtungsverfahren 380/ME: http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/ME/ME_00380/index.shtml

Wirtschaftsminister brach eigenes Versprechen

Trotzdem legte Wirtschaftsminister Mitterlehner am 12. Juni 2012 dem Ministerrat eine Regierungsvorlage vor, mit der diese Diskriminierung, entgegen seiner eigenen Zusage, an die er ausdrücklich erinnert wurde, wieder nicht beseitigt worden wäre. Die Bundesregierung hat diese Vorlage beschlossen. Daher starteten nach Einlagen der Vorlage im Parlament im Juni intensive Verhandlungen, vorerst geführt von SPÖ-Wirtschaftssprecher Dr. Christoph Matznetter, am Schluss auch mitunterstützt von der Grünen Wirtschaftssprecherin Dr. Ruperta Lichtenecker. Matznetter konnte in den Gesprächen mit der ÖVP und dem BMWFJ vorerst erreichen, dass eine Änderung des § 14 (3) GewO im Wirtschaftsausschuß des Parlaments mit einem Abänderungsantrag berücksichtigt wurde.

Allerdings war die erste Formulierung, die von den LegistInnen des BMWFJ vorgelegt und im Wirtschaftsausschuß vor einer Woche (am 28. 6. 20120) beschlossen wurde, ungenügend. Sie sah Sondereinschränkungen für die EP vor (wollte nur EPs anerkennen, die in der EU oder dem EWR geschlossen wurden). Das BMWFJ hatte nur die EU-Freizügigkeitsrichtlinie (2004/38/EG) vor Augen und die Antidiskriminierungsrichtlinie (2000/78/EG) ignoriert. Die Abgeordneten von ÖVP und Grünen schlossen sich dieser Ansicht des Ministeriums vorerst an. Das RKL konnte seine Expertise jedoch in die Verhandlungen einbringen, um den Argumenten des BMWFJ die europäische Rechtslage entgegenzuhalten.

Trotzdem bedurfte es nochmals intensiver Verhandlungen zwischen SPÖ bzw. Grünen und der ÖVP, damit in letzter Sekunde in der zweiten Lesung ein gleichheitskonformer Abänderungsantrag dieser drei Parteien im Plenum des Nationalrates eingebracht wurde. So hat der Nationalrat gestern Abend in der finalen Abstimmung endlich die Gleichbehandlung von Ehe und EP in der Gewerbeordnung beschlossen.

RKL-Präsident Dr. Helmut Graupner: "Wir danken allen beteiligten Aktivisten, die sich hier über Monate eingesetzt haben, allen voran Gernot Wartner von der HOSI-Linz und Hans-Peter Weingand von den Rosa Lila PantherInnen Graz, sowie insbesondere Mag. Raoul Fortner der alle diese Aktivitäten seit Mai koordiniert hatte. Ganz besonders danken wir jenen PolitikerInnen, die sich bis zum Schluß intensiv für die Beseitigung der Diskriminierung eingesetzt haben, allen voran SPÖ-Wirtschaftssprecher Matznetter, der die Verhandlungen mit der ÖVP seit einigen Wochen geführt hat, unterstützt vom Büro der Frauenministerin Heinisch-Hosek sowie der Grünen Wirtschaftssprecherin Lichtenecker, die diese Verhandlungen am Schluß ebenfalls tatkräftig unterstützt hat. Und wir danken auch der ÖVP, die sich schließlich doch im Sinne der Menschenrechte einen Ruck gab."

Abschließend ruft Graupner die Politik einmal mehr auf, endlich das Eheverbot aufzuheben: "Ein Recht für alle! Anstatt in mühsamer Kleinarbeit die immer noch an die 60 Ungleichbehandlungen auf parlamentarischem Weg oder durch die Höchstgerichte zu beseitigen, und am Ende dennoch mit zwei getrennten Rechten für zwei Gruppen von Menschen dazustehen."

Das 1991 gegründete Rechtskomitee LAMBDA (RKL) arbeitet überparteilich und überkonfessionell für die umfassende Verwirklichung der Menschen- und Bürgerrechte gleichgeschlechtlich l(i)ebender Frauen und Männer. In seinem Kuratorium vereinigt es so prominente Mitglieder wie Altbundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer, NRPräs. Mag. Barbara Prammer, die vormalige Justizministerin Mag. Karin Gastinger, den Ehrenpräsidenten der Parlamentarischen Versammlung des Europarates NRAbg.a.D. Dr. hc Peter Schieder, Volksanwälting NRAbg.A.D. Mag. Terezija Stoisits, den vorm. Generaldirektor für öffentliche Sicherheit Dr. Erik Buxbaum, die vorm. Präsidentin der Vereinigung der österreichischen Richterinnen und Richter Dr. Barbara Helige sowie die Vorsitzende der FG Grundrechte der Richtervereinigung Dr. Mia Wittmann-Tiwald, die Vizepräsidentin der Rechtsanwaltskammer Wien Dr. Elisabeth Rech, den vorm. Vorstandsvorsitzenden der D.A.S.-Rechtsschutzversicherung Dr. Franz Kronsteiner, den Präsidenten des Weissen Rings Dr. Udo Jesionek, den Generalsekretär von Amnesty International Österreich Mag. Heinz Patzelt, den Vizevorsitzenden des Verwaltungsrats der EU-Grundrechteagentur Univ.-Prof. Dr. Hannes Tretter und die bekannten Menschenrechtsexperten Dr. Lilian Hofmeister und Univ.-Prof. Dr. Manfred Nowak, die Verfassungsexperten Univ.-Prof. Dr. Christian Brünner, Univ-Prof. Dr. Bernd-Christian Funk, Univ.-Prof. Dr. Heinz Mayer und Univ.-Prof. Dr. Ewald Wiederin, den renommierten Kinder- und Jugendpsychiater Univ.-Prof. Dr. Max Friedrich und die Kinder- und JugendanwältInnen von Wien DSA Monika Pinterits und Dr. Anton Schmid, die Sexualwissenschafter Univ.-Prof. Dr. Josef Christian Aigner, Univ.-Prof. Dr. Rotraud Perner und Univ.-Lekt. Mag. Johannes Wahala, Life-Ball-Organisator Gery Keszler u.v.a.m. Das 15jährige Bestehen des Rechtskomitees LAMBDA (RKL) wurde am 2. Oktober 2006 mit einem historischen Festakt im Nationalratssitzungssaal des Parlaments in Wien gefeiert. Dieser weltweit ersten Ehrung einer homosexuellen Bürgerrechtsorganisation in einem nationalen Parlament wohnten unter den über 500 TeilnehmerInnen auch höchste RepräsentantInnen aus Justiz, Verwaltung und Politik bei (http://www.rklambda.at/festakt/index.htm). Seit 2010 ist das RKL Mitglied der Grundrechteplattform der EU-Grundrechteagentur (www.fra.europa.eu).

Rückfragehinweis:
0676/3094737
01/8766112
office@RKLambda.at
www.RKLambda.at

Vorarlberger Landtag diskutiert modernes Familienbild

Zur Diskussion im Vorarlberger Landtag stehen zur Zeit das Thema Verbot von Adoption und künstliche Befruchtung für Homosexuelle Paare.



Die SPÖ-Abgeordneter Gabi Sprickler-Falschlunger frage die Landtagsabgeordneten, ob es denn gerechtfertigt sei, alleinstehenden Frauen oder lesbischen Frauen die künstliche Befruchtung vorzuenthalten. Da derzeit der Verfassungsgerichtshof in diese Frage prüfe, sei davon auszugehen, dass das nicht halten werde. Ebenso stellte sie die Frage, mit welcher Rechtfertigung man homosexuellen Männern die Adoption verwehre.

ÖVP-Abgeordneter Jugendsprecher Thomas Winsauer sprach sich dafür aus, dass in der Landesverfassung in Artikel 8 die Ehe und die Familie als natürliche Grundlage zu schützen sei.

ÖVP Landeshauptmann Wallner hält die Diskriminierung für falsch, aber sehe eine Grenze: Nämlich der Unterschied zur Ehe und der Adoption; wobei noch abzuwarten sei, ob diese halten werden.

Die Diskussion im Landtag wird weiter fortgesetzt werden und wir hoffen darauf, dass die Welle der Veränderung, die das konservative Vorarlberg in dieser Thematik gebracht hat, weiter geführt werden können.

Rückblick:

Seit dem Österreichischen Lesben und Schwulen Forum im Jahre 1996 unter dem Motto "L(i)eben gegen den Strom" sind einige Diskussionen in Vorarlberg um das Thema "Homosexualität" entstanden. Der damalige Dornbirner Bürgermeister Rudolf Sohm hatte ja immer mit Nachdruckt versucht die Existenz Homosexueller in Vorarlberg zu verhindern. Schließlich würde eine solche Veranstaltung ja genau das erreichen, dass Menschen plötzlich "Homosexuell werden". Sohm hatte sich vor der damaligen Veranstaltung so vehement gegen die Veranstaltung gestellt, dass er für internationale Aufregung sorgte.

Im Zuge dieser Veranstaltung hat die Stadt Bludenz als einzige Stadt in Vorarlberg eine Antidiskriminierungs-Charta eingeführt.

Im selben Jahr war es dem OLSF gelungen die Strafbestimmungen Vereinsverbots § 220 und so genannten Werbeverbots § 221 StGB für Homosexuelle durch intensive Lobby-Arbeit aus dem Strafrecht zu beseitigen.

Die Aufhebung des Diskriminierungs-Paragraphen § 209 im Jahre 2002, der Homosexuellen im Gegensatz zu Heterosexuellen (14 Jahre) das Schutzalter auf 18 Jahren verschrieb, erfolgte nach der Prüfung beim Verfassungsgerichtshof, der diesen als Verfassungswidrig erklärte. Ausschlaggebend war der Fall Wolfmeyer vs. Österreich, als der Obmann der Homosexuellen Aktion Vorarlberg Jogy Wolfmeyer mit Präsident des Rechtskomitees Lambda RA Dr. Helmut Graupner den Fall über den Oberlandesgerichtshof zum VfGH brachten.

Weiter ging es mit zahlreichen Klageinitiativen durch das Rechtskomitee Lambda, die auch mehrere Fälle des im Jahr 2010 eingeführten Eingetragene Partnerschaft-Gesetz (EPG) betrafen.

Rechtskomitee Lambda
http://rklambda.at

Homosexuelle Aktion Vorarlberg
http://hav.pride-out.net

Deutscher Ungehorsam in der Homosexuellen-Frage

Homosexuelle Partnerschaften sollen, wenn sie auf Treue und Verantwortung basierten, "ähnlich bewert werden" wie heterosexuelle Partnerschaften. Mit diesen Worten holt sich der Berliner Kardinal Rainer Maria Woelki den Applaus der Homosexuellen aber auch die Kritik der katholischen Kirche ein.



Die katholische Lehre hält Homosexualität nach wie vor für eine Sünde. Die erzkonservativen Kirchen-Oberhäupter kritisierten den Kardinal heftigst für seine Aussage, die man so nicht stehen lassen könne. Dies sieht Woelki anders, denn im Katechismus stehe, dass man homosexuell veranlagte Menschen nicht ungerecht behandeln dürfe. "Wenn ich das ernst nehme, darf ich in einer homosexuellen Beziehung nicht ausschließlich den Verstoß gegen das natürliche Gesetz sehen, wie es der Katechismus formuliert" so Woelki.

Nach der bereits über 300 Priester zählenden "unghorsam Initative" in Österreich, haben sich nun auch im Erzbistum Freiburg mittlerweile über 200 Priester offen angekündigt, dass sie sich über die katholische Lehre hinwegsetzen.