Donnerstag, 13. Dezember 2012

Interview mit Josi und Sam - Transgender zum Nachsehen

Wir haben es mit kleinen Pannen und durch die etwas hecktisch Situation geschafft ein Live-Interview mit den beiden Mitwirkenden bei der Doku "Transgender - Mein Weg in den richtigen Körper" zu veröffentlichen. Da es unser erster Cast war, bitten wir Euch die Qualität und das ganze drumherum zu entschuldigen.

Live-Cast mit Josi und Sam

GOTS: Schönen Guten Morgen Josefine Jochmann aus Mainz und Sam Vincent Schweiger aus Baden bei Wien.

GOTS: Die Doku ist angelaufen und Ihr habt ja bereits schon Seiten eingerichtet, wie sind seither die Feedbacks? Ihr müsst ja inzwischen andere Leute beraten und Tips geben.

Josi: Wir bekommen viele Reaktion besonders bei Facebook. Die Leute schreiben jetzt viel und interessieren sich mehr für Einen als vorher. Es ist auch spannend, dass die Leute wissen wollen, was man so macht. Auch jetzt im Chat, wie lange ich meine Hormone nehme, was ich auch gleich beantworte, seit Anfang Jannuar.

Sam: Ich habe meinen Blog ja schon etwas länger, aber es waren sehr viele, die mich angeschrieben haben gerade nach der Sendung. Viele wollen einfach mehr Hintergrundinformationen haben wo sie hingehen sollen und auch Fragen an mich. Welche Operationen ich inzwischen gemacht habe, gerade nach den letzten 2 Folgen haben sich die Anfragen vermehrt. ICh nehme meine Hormone schon ca. 2 Jahre. Vor allen postives Feedback, aber ich habe auch negatives, lese aber auch nicht immer alles durch.

GOTS: Wie siet es bei Euch im Familiären Umfeld aus und im Beruf?

Sam: Ich habe seit 2 Jahren eine Freundin, wir sind zusammen gezogen vor einem Monat und haben ein Kind, eine Tochter. Wir leben eine klassische Familie mit Schwiegereltern, Schwager, Schwägerin und auch Grosseltern, alle wissen Bescheid und findes das auch ganz cool, sie waren auch ganz stolz, dass wir in der Sendung waren. Ich lebe schon seit längerer Zeit ein klassisches Rollenbild Heterosexuell - Mann.

Josi: In der Familie ist alles OK und es hat auch einige Zeit gebraucht, bis das akzeptiert wurde. Für alle die zusehen, sollen einfach sehr hartnäckig sein, dann klappt das auch. Ich habe im August meine Ausbildung gestartet und da gab es keine Probleme, meine Ausbilder sind auch sehr tolerant, auch obwohl meine Namensänderung noch nicht durch war, lief alles schon unter Josephine. Es war für die Leute dort nicht ersichtlich, dass ich transsexuell bin, aber vielleicht hat es der Eine oder andere auch gemerkt, jedoch lief alles gut und ich fühle mich dort auch sehr wohl.

Sam: Die grösste Hürde war für mich immer mit den Eltern darüber zu sprechen, da ich meinen Vater sehr früh verloren habe, habe ich mich mit meiner Mutter mit dem Thema sehr intensiv auseindergesetzt. Das erstaunliche war, dass es in meiner Familie die meisten bereits gewusst haben und gemeint, warum hast Du das denn nicht schon früher gesagt. Ich habe mir eigentlich die Hürde selbst gegeben und es war eigentlich gar nicht notwendig. Man kann seinen Angehörigen glaube ich auch sehr viel zumuten denn auch meine Grosseltern haben mich grossartig unterstützt.

GOTS: Eine Frage aus den Chat - Josi, wie hast Du es Deiner Famile gesagt, da ich das einzige Kind bin, weiss ich nicht, wie meine Mutter reagieren würde.

Josi: Ich habe mir da nie einen grossen Stress gemacht, da ich wusste, das meine Mutter sehr tolerant ist und da hab ich das einfach durchgezogen. Ich hatte mir ja vorher schon immer Mädchensachen gekauft, darum war es ja nicht von Null auf gleich, die wusste das ja irgendwie schon, deswegen musste ich nie ein schwieriges Gespräch führen, wo man alles erklären muss, was ich auch als unangenehm empfunden hätte.

GOTS: Wie habt Ihr Euere Jugend erlebt, wenn man weiss, dass man nicht in dem Körper ist, in dem man sein möchte?

Sam: Es war furchtbar, weil der Körper sich falsch entwickelt und man das verstecken versucht. Man sehnt sich nach Beziehung und Zuneigung und wenn man sich selbst nicht akzeptiert, dann kann mann sich Anderen gegenüber nicht öffnen, wenn jemand Einen Berühren will. Es war ein totaler Rückzug in eine Traumwelt und hatte zum glück sehr viele gute Freunde (hauptsächliche weibliche) gehabt, gerade mit 11,12, bis ich mit 20 Jahre mein Outing hatte, war es wirklich ganz schlimm. Ich hab mir total viel Zeit gelassen das ganze anzunehmen und eben dadurch sehr lange gelitten.

Josi: Meine Jugend war eigentlich ganz normal, weil ich nie eine Geschlechterrolle hatte, ich habe mich nie als Madchen oder Junge gesehen, ich war einfach nur ein kind damals. In der Pubertät dann hat man es dann mitbekommen, da läuft irgendwas schief. Ab diesem Moment in dem ich mich dazu beschlossen habe, ich möchte lieber eine Frau sein und den Körper einer Frau heben, lief dann alles OK, eben bis man den Psychologen gefunden hat und einen passenden Chirurgen und die Hormone bekommt. Das war eben schwierig, man wusste, man will etwas verändern und es ging nicht, zumindest noch nicht.

GOTS: Wie realisiert man, dass man im falschen Körper ist?

Josi: Man weiss es einfach und man spürt das auch. Es ist einfach in einem drinnen und deshalb kann man nicht sagen, wann man das realisiert.

Sam: Ich hab das bereits im Kindergarten gemerkt, dass ich keine Frau bin. Man spürt, dass man anders ist, aber in der Pubertät war das auch noch nicht klar, aber das macht mich nicht automatisch zum Mann. Aber der Wunsch war da und es fühlt sich dann einfach stimming an, wenn man den Weg dann geht.

GOTS: Jetzt schauen wir einmal die rechtliche Situation an, als 9jähriger kann ich ja nicht einfach zum Arzt gehen, wenn ich lieber eine Frau oder Mann sein möchte. Wann beginnt, die Anpassung, es gibt ja Hormonbehandlungen und OP´s.

Sam: Ich habe im Februar 2011 mit der Hormonterapie begonnen, mit den Homonspritzen. Habe dann aber zu dem Testo-Gel gewechselt und das war eben nicht sehr einfach, denn man darf das nicht vergessen und ist schwer zu dosieren. Ausserdem überträgt sich das auch auf den Partner und deshalb habe ich mich dann auch wieder entschieden zur Spritze zu wechseln. Die Veränderung kommen auch sehr schnell, bereits nach 2 Wochen, wurde die Stimme tiefer und der Bart begannt zu wachsen, auch das Gesicht wurde kantiger.

Josi: Die ersten Verändeungen habe ich bereits nach ein paar Wochen gespürt, eigentlich auch schneller, als ich das erwartet habe. Die Brust hat sich angefangen zu entwickeln, man hat zwar noch nichts gesehen, aber man spürt es, da es auch etwas schmerzhaft war.

GOTS: Sam, Du dokumentierst ja Deine Veränderungen, da Du ja mit einem Fotographen befreundet bist. In welchen Abständen führst Du das durch?

Sam: Ja ich hab das Anfangs haben wir es alle 3 Wochen gemacht, aber inzwischen sind die Veränderungen nicht so gravierend, deshalb machen wir das alle 6 Monate.

Josi: Ich habe mir damals darüber keine Gedanken gemacht, wäre allerdings eine gute Idee gewesen.

GOTS: Ihr habt ja beide die geschlechtsangleichende OP noch vor Euch, wie sieht es damit aus?

Josi: Zu meine OP ist noch eine sehr lange Zeit, ich habe vorab einen Termin gemacht und habe mich jetzt entschlossen einen sehr guten Chirurgen zu wählen und dort sind die Wartezeiten natürlich dementsprechend lange. Ich sagte mir einfach, lieber warte ich und habe ein schönes Ergebniss, als ich mache schnell und es ist dann nicht zufriedenstellend. Allerdings habe ich sonst bereits alles hinter mir, ich muss nicht mehr zum Psychologen gehen und muss nur mehr auf meine OP warten.

Sam: Ich habe bereits vor 10 Jahren die Brust entfernen lassen und letztes Jahr kam der 2. Teil, wo mir die inneren Geschlechtsteile entfernt wurden. Was mir noch fehlt ist der Penisaufbau, aber das ist nicht wichtig, um mich als Mann zu fühle. Was nicht heisst, dass ich das nicht machen möchte. Es ist in Österreich einfach anders als in Deutschland, wir haben hier nicht wirklich gute Ärzte, die zumindest nicht die neuesten Methoden anwenden. Wir kämpfen auch mit dem Verein "Transmann Austria", dass die Krankenkasse die OP´s im Ausland bewilligt, denn sonst müssten wir das selbst bezahlen und dafür habe ich nicht die notwendigen finaziellen Mittel derzeit. Die Op kostet so 60-70.000,- Euro und wenn ich das machen würde, werde ich den Eingriff allerdings in Deutschland machen.

GOTS: Die OP ist ja das Eine die Entscheidung dazu eine Andere. Wenn man sich nicht sicher ist, wie wichtig sind dabei Psychologen?

Josi: Wenn man da unsicher ist, dann stimmt irgendwas nicht. Ich denke schon, dass sich jemand da sicher sein muss, sonst macht das ja auch keinen Sinn. Ich geh ja nicht einen Kuchen kaufen und weiss dann nicht ob ich lieber Erbeer- oder Käsekuchen kaufe. Von da her sollte Unsicherheit nicht vorhanden sein für diesen Eingriff.

GOTS: Das heisst man muss auf jeden Fall in der Entscheidung sicher sein, Wie wichtig ist dabei das Thema Therapeuten?

Sam: Ich finde den Weg zum Therapeuten schon wichtig, weil Menschen ja auch unterschiedlich sind in den verschiedenen Lebenslagen. Es hat mir sehr geholfe mit jemanden darüber reden zu können und auch Ängst und Zweifel anzusprechen, allerdings sollte das nicht vorgeschrieben werden. Viele Leute haben die finanziellen Voraussetzungen dazu nicht, deshalb sollte es auch eine freiwillige Entscheidung sein, denn ich muss mich dort ja auch wohlfühlen. Es sollte auch kein Muss sein, um Operationen zu bekommen, bei denen man verschiedene Stunden vorgeschrieben bekommt, damit Jeder diesen Weg auch gehen kann. Ich empfehle es Jedem, der unsicher ist, Angst hat und Zweifel hat, als Begleitung.

GOTS: Im ICD 10 oder auch im amerikanischen GSM VI wird Transexualität immer noch als psychische Erkrankung geführt. Das GSM VI hat bereits angekündigt die zu ändern und das ICD 10 wird dem vermutlich auch folgen. Wie fühlt Ihr Euch dabei als Krank definiert zu werden?

Josi: Ich finde es jetzt nicht ganz so dramatisch, wie viele vielleicht, es hat ja auch was Gutes, denn eine Krankheit kann man ja auch beheben und nachdem ich den Eingriff vollzogen habe, bin ich ja nicht mehr so eingestuft und muss mir darüber keine Gedanken mehr machen. Zur Zeit sage ich ja noch ich bin Transsexuell, weil ich ja noch nicht alle notwendigen Schritte hinter mir habe. Viele sehen das eher sehr eng, aber ich finde das jetzt nicht so dramatisch.

GOTS: Inwiefern habt Ihr schon Diskriminierung erlebt, da dies in der Doku auch ein Thema war?

Sam: Ich persönlich habe in meinem Umfeld keine Diskrimierung erlebt, aber habe durch meinen Blog und über den Verein schon von einige Fälle gehört, die sogar bis zur Gewalt an der betroffen Person gingen. Auch in der Familie gibt es das zum Teil, dass einige dies erleben, aber ich hatte das zum Glück bei mir nicht.

Josi: Selbst wurde ich nie diskriminiert, allerdings kamen schon mal die ein oder anderen Sprüche, aber da stehe ich drüber. Wenn ich jetzt nicht Transsexuell wäre, dann würden die Leute halt eben mein Gesicht, oder meine Haarfarbe hässlich finden. Es gibt immer etwas, weswegen man diskriminiert werden kann und ich finde es schlimm, wenn einige Menschen wegen soetwas fertig gemacht werden. Die Daisy wurde auch oft von vielen Leuten an den Pranger gestellt, weil sie die OP nicht machen wollte und finde das wirklich schade, weil es ja ihre Sache ist, ob sie die OP machen möchte oder nicht. Es ist schliesslich ihre Entscheidung und macht auch keinen Unterschied, ob sie die OP macht oder nicht und ich war von den Reaktionen oft wirklich geschockt.

GOTS: Hier wieder kurz eine Frage aus dem Chat - Josi, kannst Du Dir eine Beziehung mit einem Transmann vorstellen? Sam auch bei Dir mit Transfrau?

Josi: Das ist eine schwierige Frage. Ich glaube spontan eher nein. Ich denke auch, dass ein Mann, wenn er es von mir weiss, vermutlich auch keine Beziehung mit mir vorstellen kann. Es ist schwierig zu sagen, vermutlich wäre es, wenn es sich ergeben würde wieder eine andere Situation, deshalb kann ich das so auch nicht beantworten.

Sam: Das ist schwierig zu beantworten, meine Frau sitzt gerade neben mir *lach*. Scherz, natürlich kann ich mir das vorstellen, es geht um den Menschen und nicht um das Geschlecht. Möglicherweise hätte ich da eher einen Penisneid, wenn die Transfrau noch nicht operiert wäre und ich ja noch keinen eigenen Penis habe, oder auch Komplexe beim Sex hätte, da ich ja noch keinen Penis habe. Ist auch schwierig, ich hab das ja noch nie ausprobiert und werde das ja auch nicht mehr ausprobieren derzeit, da ich ja vergeben bin.

GOTS: Wir besuchten ja auch die Transmann und Transfrau Seiten und stiessen auf Begriffe, wie Binder und Packer, was hat es damit auf sich?

Sam: Als Binder sind Binden, um die Brust abzdecken, solange man die brustentfernende OP noch nicht hinter sich hat. Da gibt es auch verschiedene Modelle, für viel und wenig Brust. Ich sebst habe damals einfach mehrere T-Shirts übereinander gezogen. Packer sind die Silkonpenise, die man verwenden kann damit auch in der Hose einen sichtbaren Penis hat und auch Sex haben kann. Zum pinkeln in eine Pissoir sind sie nicht sehr zu empfehlen, da würde ich eher dazu raten, die gewöhnliche Toilette vorzuziehen.

GOTS: Eine Frage aus dem Chat an Josi, bist Du zur Zeit verliebt?

Josi: Nein, zur Zeit nicht. Ich habe gepostet das ich die Sendung mag "schwer verliebt" das ist glaube ich ein Missverständnis.

GOTS: Die Medien sind immer aktuell in der Berichterstattung, was sind die meist gemachten Fehler die gemacht werden?

Josi: Da viele Laien darüber berichten, die sich ja nicht so auskennen, ist es auch klar, dass es nicht immer so korrekt ist. Ich finde es auch immer schade, dass es nicht so getrennt wird, wenn es um Transsexuelle und Transvestiten geht. Oft werden Drag-Queens in so eine Schublade gesteckt zusammen mit Transsexuellen gesteckt und es gibt da Menschen, die können die zwei Sachen nicht trennen. Das ist koplett etwas anderes, denn eine Drag-Queen macht das ja eher als Hobby oder Beruf und Freude am Verkleiden und wollen ja nicht in einem anderen Körper sein.

Sam: Diese Einteilung in Schubladen, macht es manchen Menschen auch schwierig zu unterscheiden, handelt es sich um einen Transvestiten oder um eine Transsexuelle. Ich finde es auch schlimm, wenn man sich einteilen lässt von Anderen, da man sich selbst zuordnet, was man ist. Bin ich beruflich eine Drag-Queen die das gerne machen möchte, ist das OK. Aber es sehr schwierig, weil man es ja nicht sieht. Wenn ich jetzt sage, dass ich Transsexuell bin, dann ist dies auch so, da braucht ja keiner mehr zu fragen. Gerade in den Medien liest man viele Artikel, die halt schlecht recherchiert oder auch schlecht geschrieben sind. Schon alleine, dass es keine Geschlechts-Umwandlung gibt, das heisst einfach Geschlechts-Anpassung. Ich hatte jetzt eher wenig negative Erfahrung mit den Medien, deshalb kann ich da noch nicht viel dazu sagen.

GOTS: Vielen Dank an Euch, auch dass Ihr für uns so früh aufgestanden seid und für das nette Gespräch.

Hier noch die Links zu den Seiten im Facebook und zu unserem Live-Cast

Facebook: Transgender - Mein Weg in den richtigen Körper

https://www.facebook.com/RTL2TransDoku

Zum Nachsehen: Transgender - Interview mit Josi und Sam



Pride-Out News
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